Nun haben die peruanischen Behörden die Schulinitiative genehmigt. Der Schulbetrieb kann mit einer ersten Gruppe in provisorischen Räumen beginnen. Die geplanten Schulgebäude werden weiter gebaut, sobald die Regenzeit beendet ist.
Nun ist auch klar, dass der peruanische Lehrer und stellvertretende Direktor der neuen Schule, Wilson Ruiz Carrion, im März und April 2009 tatsächlich zu einer Bildungsreise nach Freiburg kommen wird. Er wird hier die Umsetzung der Idee einer freien demokratischen Schule kennen lernen, wie sie in Freiburg in der freien demokratischen Schule Kapriole e.V. praktiziert wird.
Es werden dringend weitere Spendengelder benötigt.
Wer sich auch für diese Möglichkeit für peruanische Kinder engagieren möchte, kann auf zweifache Weise spenden:
Am Tag der Veröffentlichung des Weltbildungsberichts der UNESCO möchte ich auf eine Handlungsmöglichkeit von Privatpersonen aufmerksam machen.
Jetzt ist die Tatsache öffentlich, dass weltweit immer noch 75 Millionen Kinder keine Chance haben, zur Grundschule zu gehen. Dies ist vor allem ein Problem der ärmeren Länder dieser Welt.
Selbstverständlich unterstütze ich die Forderung, dass die größeren Organisationen und die Staaten dieser Welt für die Bildungsziele weiter arbeiten und die Verabredungen einhalten und die gesetzten Ziele auch umsetzen.
Aber auch die Zivilgesellschaft kann etwas tun.
Vielen Initiativen engagieren sich schon. Ein Projekt, welches mir am Herzen liegt, stellen ich hier gerne vor:
Die freie demokratische Schule KAPRIOLE e.V. in Freiburg im Breisgau ist eine Partnerschaft mit peruanischen Lehrkräften und deren Trägerverein in Huamachuco eingegangen und fördert den Aufbau einer freien demokratischen Schule in dem strukturschwachen Gebiet in den nördlichen Anden.
Wir sammeln Spenden und fördern im ersten Schritt eine Bildungsreise des peruanischen Lehrers Wilson Ruiz aus Humachuco nach Freiburg. Hier soll er das Konzept der KAPRIOLE kennen lernen, in der Realität erleben und so auch begreifen können. Sicher werden sich aus dieser Erfahrung Anregungen für die Weiterentwicklung des peruanischen Konzept ergeben. So wird ein fachlicher Austausch über die Kontinente hinweg möglich.
Erste Ziegel für die Schule in Huamachuco/Peru wurden von Jugendlichen aus Freiburg schon hergestellt und trocknen nun.
Man könnte meinen, dies ist angesichts der Problemlage ja nur ein kleinster Tropfen auf die heiße Stein-Wüste. – Für die betroffenen Kinder und deren Familien ist es allerdings ein sehr großer Schritt in eine gerechtere Welt und gesicherte Zukunftsaussichten.
Ich bin hier gerne für die Bildung von Kindern in Peru engagiert und bitte Sie, ebenfalls einen Beitrag zu leisten. Nur auf vielen Wegen und mit vielen Initiativen kann ein so großes Problem langfristig gelöst werden.
Für die ein oder andere Schulklasse hier in Deutschland könnte dieses oder ein ähnliches Projekt auch reizvoll und anregend sein.
Update vom 20. Februar 2009:
Die freie demokratische Schule in Huamachuco/Peru ist staatlich anerkannt und kann den Schulbetrieb in provisorischen Räumen in einem Privathaus beginnen. Die Schulgebäude werden weiter gebaut, sbald die Regenzeit zu Ende geht. (Weiter lesen Sie bitte hier …)
Das Echo auf den Film scheint auch den engagierten R. Kahl überrascht und bald auch überfordert zu haben und so suchte er einen Weg, mit Gleichgesinnten eine Sammlung guter pädagogischer Praxis anzulegen und diese anregenden Beispiele bekannt zu machen. Es entstand der Verein „Archiv der Zukunft“ (AdZ).
Hier sammeln engagierte Menschen aus der Kinder- und Jugendbildung, aus Kinderhäusern und Schulen zusammen mit Forscherinnen und Forschern gute Idee und Berichte von gelungenen Lernprozessen.
Hier soll Mut gemacht und Zuversicht gesammelt werden.
Solche Netzwerke finde ich sehr wichtig
damit der pädagogische Alltag Anregungen erhält
die Aktiven sich und ihre Praxis – angestoßen von horizonteröffnenden Beiträgen – reflektieren können
eine interessierte Öffentlichkeit Anlass hat, sich mit neuen Ideen zu befassen
Zum Weltkindertag diesen Jahres am 1. Juni veröffentlichte R. Kahl seinen Film „Kinder!“: überraschend und anregend – sehr sehenswert. Die ersten zehn Minuten sind als Appetit-Happen in Youtube eingestellt.
Anfang Oktober 2008 trafen sich fast 1500 Personen zum zweiten, großen Bildungskongress dieses Netzwerkes im Bregenzer Festspielhaus und diskutierten, regten sich an, tauschten sich aus.
Dieses Mal war wohl nicht mehr nur die Meinungsgruppe der Reformer gekommen. Es waren auch schon ein paar Bedenkenträger und Skeptiker anwesend.
Ich selbst schaute gerne immer wieder bei diesem Netzwerk vorbei und ließ mich anregen. Das AdZ ist inzwischen aufgelöst.
Mit dem Hochschullehrer Prof. Dr. G. Hüther bin ich – ein Lehrer an einer technischen Berufsschule – in Folgendem einig:
„Es ist kein Naturgesetzt, dass Kinder die Lust am Lernen verlieren!“ Kinder lernen – wie alle Menschen lernen – grundsätzlich unwahrscheinlich viel, nämlich alles, was um sie herum passiert, besonders das Eindrückliche und emotional Bedeutsame. So kann ein Kind gehen, sprechen und zum Beispiel auch die Gestik oder Sprachmelodie der Eltern lernen.
Unser Gehirn ist genau dafür geschaffen: Es lernt einfach so. – Also lernt das Kind auch die Einstellungen der Eltern, Erzieher/innen und Lehrer/innen und natürlich – oft genauso bedeutsam – die Einstellungen aus den Freundeskreisen und den Medien.
Für jedes Lernen ist es auf jeden Fall günstig, wenn die Atmosphäre angenehm und von guten Beziehungen getragen ist.
Purer Druck, Drill oder Dressur, schafft voraussehbar keine guten Lernergebnisse.
Die für effektives Lernen wesentliche Motivation geht verloren. Motivation ist aber wesentlich, weil sie die Bereitschaft ist, sich zu mühen, es auch gegen Widerstände nochmals zu versuchen. Dies ist für erfolgreiches Lernen, vor allem von größerer Zusammenhänge, aber wesentlich.
Ideal für das Lernen ist es, wenn Menschen sich den Lernstoff und die Ziele selbst aussuchen können. Beispielsweise erbringen Kinder und Jugendliche enorme Lern-Leistungen in ihrem Hobby und nur die Hälfte dieser Energie in den traditionellen Schul-Fächern eingesetzt, würde enorme Auswirkungen zeigen!
Auf die vielen Erkenntnisse über Lernen und die dafür notwendige Unterstützung haben viele Schulen noch nicht ausreichend geantwortet. Zwar gibt es viele Aufbrüche und auch schon erprobte Konzepte, wie viele reformpädagogische Ansätze, zum Beispiel das Montessori-Konzept mit seinem Ankoppeln an der Neugier und der Selbststeuerungsfähigkeit von Kindern und die Idee der Freiarbeit.
Aber diese Ideen haben sich noch lange nicht durch die vielen vielen Schulen, deren Kollegien und erst recht nicht in die Verwaltungen verbreitet.
Es gibt viel Änderungs- und Entwicklungsbedarf in den Schulen. Die großen öffentlichen Schulen und die diese steuernde Kultus-Verwaltung tun sich schwer mit konsequenten Reformen. Die Konkurrenz der Privatschulen wird diesen Prozess vielleicht beschleunigen.
Bedenken habe ich
bei der Verallgemeinerung: Lernen geht auch in der formalen und für alle Kinder verpflichtenden Schule und es muss nicht von einem Extrem (der Dressur) ins andere (die „Antipädagogik“) gependelt werden. – Oder wollte Herr Prof. Dr. Hüther das so gar nicht behauptet haben?
bei der Verallgemeinerung, dass in einem Unterricht im staatlichen Schulsystem die Kinder überwiegend über- oder unterfordert werden und darum laut und störend werden (müssen). Leider muss ich berichten, dass die sehr großen Klassen eine gefährliche Tendenz in diese Richtung wahrscheinlicher machen.
ob mit der eher resignativen Vorhersage der Reform-Unfähigkeit des öffentlichen Schulsystems den Lernchancen der Kinder und Jugendlichen tatsächlich geholfen wird. Wir haben ein flächendeckendes, öffentliches Schul-System. Das ist zuerst einmal sinnvoll. Bildung darf nicht an den Geldbeutel der Eltern gekoppelt werden. Eine differenzierte, demokratische und einigermaßen offene Gesellschaft benötigt als Basis eine Grundausbildung aller Bürgerinnen und Bürger.
Ich schlage vor,
diese Diskussion auch zu Ende zu führen und die Konsequenzen zu ziehen, die sich aus den Erkenntnissen moderner Hirn- und Lernforschung ergeben.
Dabei möchte ich auch gerne, dass wir ehrlich und vorsichtig bleiben: Manche Schlussfolgerungen aus den empirischen Daten ist nicht so eindeutig und zwingend, wie dies auf den ersten Blick (auch der Hochschullehrer) scheinen mag.
den (staatlichen) Schulen und den engagierten Lehrkräften etwas zuzutrauen und sie vor allem dabei zu unterstützen, ihre Aufgabe zu erfüllen.
die Verteilung der Gewichte zu überprüfen und Finanz-Politik und Bildungs-Politik zur Neuverteilung von Geld und Möglichkeiten zugunsten von Bildung zu bewegen. Lehrerinnen und Lehrer sind ein sehr großer Personenkreis. Wenn an dieser große Gruppe gespart wird, dann hat dies einen sehr bedeutsamen Effekt (in mindestens doppeltem Sinne)!
Tatsächlich wird diese Personengruppe seit Jahren mit einer Ausweitung der Arbeitszeit bei nahezu gleichbleibenden Bezügen konfrontiert. (Wer jetzt neidisch an die vielen „Ferien“ denkt, lese einfach den nächsten Punkt über offensichtlich falsche Bilder und deren dauernde Wiederholung.)
das Ansehen von Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern in unserer Gesellschaft behutsam anzuheben und den dummen und schon lange falschen Vorurteilen (auch aus prominentem Munde) entgegen zu treten.
den für den Lehrberuf ungeeignete Personen Alternativen zu bietet, damit sie aussteigen können.
die Kritische Diskussion um das Wort „kostenneutral“ in der Bildungspolitik zu eröffnen, die politisch Verantwortlichen regelmäßig mit ihrer eigenen Programmatik zur Bildung zu konfrontieren und sie (bei den Wahlen) an ihren Taten zu messen. Dazu nur ein kleiner, vielleicht aufdeckender Vergleich: Niemand käme auf die Idee, den Mitarbeiter/innen in der Produktion in einem Automobilkonzern den Auftrag zu erteilen, ein neues Auto zu entwerfen während sie natürlich weiter die tägliche Produktion gewährleisten. – Genau so empfinde ich, wird zur Zeit mit Lehrkräften verfahren: Findet neue pädagogische Wege und Antworten auf neue Herausforderungen! Zeit und Freiraum haben wir dafür leider nicht; dafür haben wir kein Geld!
Leider habe ich Anlass zu Befürchtungen, dass schon wieder über eine Erhöhung des Arbeitspensums für Lehrkräfte nachgedacht wird. Unter kurzfristigen, finanziellen Gesichtspunkten kann dies sinnvoll erscheinen.
Meine Bitte ist, auch über langfristigen Folgen nachzudenken. Wer denkt zum Beispiel an die Motivation und die Gesundheit der Lehrkräfte? Wer denkt an die kommenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, an die Bürger/innen der nächsten Generationen?
Ich danke Herrn Prof. Dr. Gerald Hüther für seine provozierenden Aussagen und hoffe, dass diese und auch meine Gedanken – am „Welt-Lehrer-Tag der UN“ erdacht – konstruktive Kritik und eine engagierte Diskussion über Schulen, Lehrkräfte und unterstützende Bedingungen für das Lernen der Kinder und Jugendlichen anregen.
Die Entwicklungsrichtung:
„Vom Vor-Sprechen zur Anregung selbständigen, nachhaltigen Lernens“
Lernen ist ein sehr komplexer allgegenwärtiger Vorgang, den in der Hauptsache die lernende Person selbst vollzieht, weil unser Gehirn ständig (oft unbewusst) lernt. (In der Fachdiskussion wird dies unter dem Stichwort „informelles Lernen“ diskutiert.)
Hilfreich sind Anregungen und Zutrauen
Unterstützt wird Lernen durch eine anregende, das heißt abwechslungsreiche Umgebung und durch das Zutrauen und die Zuschreibung signifikante Bezugspersonen (Eltern, Peergroups, Lehrer, Trainer, Dozenten, Kolleg/innen und auch Medien), dass jemand erfolgreich lernen wird.
Diese Grund-Haltung zu anderen Menschen und der pädagogischen Arbeit hat Royston Maldoom wunderbar formuliert. (mehr dazu …)
— Umgekehrt wird viel Lernbereitschaft und -interesse durch ungünstige Rahmenbedingungen (vor allem Langeweile und Zuschreibungen von wahrscheinlichem Scheitern) „verbraucht“.
Alle Menschen wollen und können lernen!
Ich unterstelle den allermeisten Menschen einen Lernwillen und eine Lernbereitschaft, die sich aus einen natürlichen Neugierde und einer anfangs schier unerschöpflich scheinenden Energie speist. Dieser natürliche Lernwille wird unterstützt, wenn die Lernenden in die Zielfindung und die Auswahl des Materials eingebunden werden.
Gemeinsame Auswertung und Lern-Ziel-Kontrolle
Um angezielte Lernerfolge beurteilen zu können, suchen wir erkennbare Verhaltens- und Einstellungsänderungen als Zeichen für erfolgte Lernprozesse zu beschreiben. Um also Lernen und seinen Erfolg zu überprüfen, bedarf es der Auswertung (möglichst nach vorher festgelegten ‑ und optimal auch veröffentlichten – Erfolgskriterien). Sinnvollerweise werden dabei sowohl die Sicht der Lernenden als auch die Sicht der Lehrenden/Begleitenden zusammen herangezogen.
In sofern lernt nie immer nur eine Seite, sondern immer Lehrer und Schüler, Teilnehmer/innen und Fortbildungsleitungen etc. (mehr dazu in einem eigenen Beitrag zur „gemeinsamen Auswertung von Unterricht“ …)
Oft wird dieser wechselseitige Prozess allerdings nicht wahrgenommen und wirkt daher umso heftiger in seinen Konsequenzen.
(Zum Beispiel lernen Lehrkräfte aus dem Stress, einer großen Schülerinnen- und Schülergruppen gegenüber stehen zu sollen und den Misserfolgen ihres Frontalunterrichts leider zu oft die Musterwiederholung „Mehr vom Selben!“ und „Sehr viel deutlicher Leistung oder angepasstes Verhalten einfordern.“).
Auch für Schüler/innen ist eine Umorientierung sinnvoll.
Viele Schülerinnen und Schüler lernen im Laufe ihrer Schulzeit ein Lernen nach dem „Kellner-Prinzip“:
kurzfristig
sehr anstrengend (Die Jugendlichen nennen das selbst „stressend“.)
kaum aneignend
und sehr schnell nach der Klassenarbeit oder der Prüfung wieder vergessend.
Meiner Einschätzung nach vergeuden sie dadurch Unmengen von wertvollen Lebensstunden.
Ich schlage eine effektivere Lern-Art vor. (mehr dazu …)
Meine eigenen Vorschläge zu einer anderen Unterrichtskultur
Wenn Sie Ihre Erfahrungswerte und Gedanken zu diesem Beitrag mitteilen wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion oder schreiben Sie mir eine E-Mail. Vielen Dank.
Eine bekannte Stimme für eine ganz bestimmte, erfolgreiche Art der vertrauensvollen und leidenschaftlichen Pädagogik ist Royston Maldoom. Er wurde als künstlerischer Leiter des Tanzprojektes „Rhythm is it!“ und den gleichnamigen Kino-Film über dieses Projekt bekannt. Seither wird er von vielen Institutionen angefragt und hält Vorträge und erzählt von seinem Ansatz, den er in Schulen und auch außerschulisch erfolgreich umgesetzt hat.
Einen kleinen Einblick in seine Gedankenwelt bekommen Sie in einem knapp sechsminütigen, englischsprachigen Youtube-Film-Ausschnitt:
Die Lehrperson ist das Hauptmedium, um einen Rahmen für gelingende Lehr-Lern-Prozesse zu schaffen. Darum ist ihre persönliche Kompetenz systematisch zu pflegen und auszubauen.
erfolgreich Lehrende sind neugierige und offene Menschen, die Freude am Kontakt mit anderen Menschen haben.
Wenn ich es vermögen, anderen Menschen (besonders Kindern und Jugendlichen) etwas zuzutrauen, werden sie meine Lern-Anregungen wahrscheinlich leichter aufnehmen können und besser lernen.
Vortäuschen und „Spielen“ geht nicht: Fast alle Menschen bemerken das „falsche Spiel“ im unehrlichen Kontakt. Kinder und Jugendliche sind hier besonders sensibel, bemerken und nehmen übel.
Daraus folgt meine eigene Bereitschaft, auch mal unangenehm, herausfordernd und ehrlich zu sein, statt gute Laune vorzutäuschen, die gar nicht da ist.
Auch kleine Schritte sind Bewegungen in Richtung einer Verbesserung.
Man muss sich dabei nicht an solchen pädagogischen Höchstleitungen messen, wie sie im aufwändigen Projekt „Rhythm is it!“ erbracht wurden, sonst ist die Ent-Täuschung auch schon voraussehbar. Andererseits kann manches von der Haltung dieses begeisterten und begeisternden Künstlers und Pädagogen Royston Maldoom eine Anregung oder Bestätigung für den pädagogischen Alltag ergeben.
Bei Veränderungsbewegungen sind Kolleginnen und Kollegen sehr hilfreich.
Wer sich – besonders als Lehrkraft – darin unterstützen lassen möchte, sollte allerdings nicht allein bleiben, sondern sich mit anderen Gleichgesinnten zusammen tun und sich wechselseitig anregen und unterstützen.
Moderne Hirn- und Lernforschung regen mich an.
So schlage ich hier ein vierfach gestuftes und aktivierendes Verfahren
zur Vertiefung und Überprüfung des Lernstoffs vor.
Ausgangslage
Der „Stoff“ ist mindestens einmal im Unterricht durchgearbeitet.
Anschließend stellen sich allen Beteiligten folgende Fragen:
Haben die Schülerinnen und Schüler den Inhalt (und – noch wichtiger: die Zusammenhänge) auch gelernt?
Was wissen die Schüler/innen wirklich?
Wie kann dieses Wissen so verfestigt werden, dass sie sich auch noch in Monaten und Jahren daran erinnern und es anwenden können?
Wie kann dieses vertiefende Lernen auch noch Spaß machen?
1. Schüler/innen entwickeln selbst Test-Fragen zum Unterrichtsthema
Die Klasse wird in Arbeitsgruppen zu 6 bis maximal 8 Personen eingeteilt. Die Schüler/innen setzen sich in diesen Gruppen in eine sinnvolle Sitzordnung.
Jede Gruppe entwickelt 1 bis 3 Test-Fragen zum Unterrichtsstoff und hält diese – gut lesbar – auf Zetteln (für jede Fragen einen einzelnen).
2. Schüler/innen formulieren selbst die erwartete, richtige Antwort
Anschließend schreiben die fragenden Gruppen eine jeweils optimale Antwort (sozusagen einen „Erwartungshorizont“).
3. Spielerische Test-Situation mit Bewertung durch die fragenden Schüler/innen-Gruppen
Nun werden die Fragen in der Klasse öffentlich gestellt und von einer anderen Gruppe beantwortet. Die fragende Gruppe bewertet die Antwort einer anderen Gruppe auf dem Hintergrund ihrer vorher aufgeschriebenen, als optimal erwarteten Antwort und gibt eine Note.
4. Überprüfung und mögliche Ergänzung oder Korrektur durch die Klasse und die Lehrkraft
Diese Bewertung wird von der gesamten Gruppe und der Lehrkraft überprüft. Möglicherweise sollte eine Antwort inhaltlich ergänzt oder eine Bewertung korrigiert werden.
Meine Erfahrungen mit diesem Verfahren
Nach anfänglichem Zögern und verständlicher Unsicherheit ob des ungewohnten Verfahrens lassen sich die meisten meiner Unterrichtsgruppen auf diese Art der spielerischen Lern-Kontrolle und Vertiefung des Verständnisses ein.
Den meisten Gruppen waren dann auch mit Spaß bei der Sache.
Bei mehrmaliger Anwendung – zum Beispiel in der Oberstufe – vermute ich auch bei Einzelnen einen Impuls zu veränderten, sinnvolleren Lern-Formen. (Vereinzelte Rückmeldungen von Schüler/innen haben mich erreicht und bestätigen meine Hoffnung.)
Mögliche Erweiterung
Noch tiefer wird ein auf dauerhaftes Lernen angelegtes Verhalten der Schüler/innen, wenn der überprüfte Stoff der letzten oder vorletzten Unterrichtseinheit entnommen wird. Dann wird kurzfristiges Pauken auf die morgen anstehende Klassenarbeit (nach dem „Kellner-Prinzip“: servieren und vergessen) nicht mehr belohnt und möglicherweise durch eine sinnvollere Lernmethode (regelmäßig kleine Portionen wiederholen) ersetzt.
(Vgl. dazu „Lernen: Für das Leben, nicht für die Klassenarbeiten! (…) Mit dieser einfachen Änderung werden Schüler und Studenten dazu angehalten, nachhaltig zu lernen und nicht ihre Zeit mit sinnlosem Gepauke zu verwenden.“ (SPITZER, Manfred: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens. Heidelberg – Berlin: Spektrum. Akademischer Verlag; 3., korrigierte Auflage 2003; 410f)
Literatur-Hinweis und Quelle
SPITZER, Manfred: Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens. Heidelberg – Berlin: Spektrum. Akademischer Verlag; 3., korrigierte Auflage 2003:
Was Lernen beeinflusst (139-156 zu Aufmerksamkeit; 175-195 zu Motivation)
Schule (399-421)
Auch die hier dargestellte Grundidee wurde mir über Manfred Spitzer bekannt. Leider fand ich die exakte Quelle nicht mehr, in der er ein sehr ähnliches Verfahren für die Überprüfung von mathematischem Unterrichtsinhalt berichtete.
Aus der Artikel-Reihe „Schule verbessern“, besonders Teil 3: nachhaltig lernen lehren
These: Die Form der Klassenarbeiten hat auch eine wesentliche Bedeutung für das Lernverhalten der Schüler/-innen. Langfristiges und damit nachhaltiges Lernen der Schüler hängt auch von der Unterrichtsgestaltung durch die Lehrer/-innen ab!
Sie untersuchte in ihrer Dokterarbeit genau diesen Unterschied und beschreibt, dass die gesellschaftlichen Gruppen in Finnland sich weitgehend einig sind in der hohen Wertschätzung, welche sie der Bildungs- und Sozialpolitik entgegen bringen. Das wirkt und sorgt für eine breite Unterstützung aller Bildungsaktivitäten. Davon sind wir in Deutschland sowohl in den Ländern als auch im Bundesgebiet noch weit entfernt.
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