Ungläubig entsetzt über die aktuelle Finanz- und Bildungspolitik in Baden-Württemberg rufe ich besonders Eltern und Ausbildungsbetriebe auf, sich bis Mitte Dezember zu beteiligen und den Plänen der Landesregierung zu widersprechen.
Update vom 19.12.12:
Der Landeshaushaltwirdwurde am 19.12 2012 beschlossenwerden.SpätereProteste sinddannnun nur noch tragisch-komisch.
Bei der Bildung wird überdurchschnittlich gespart.
Dass Bildung und ausgeglichene Staatsfinanzen wesentlich für den Lebensstandard zukünftiger Generationen und für die Entwicklung des Landes sind, setze ich als weitgehenden gesellschaftlichen Konsens voraus. Darum bin ich auch dafür, Ausgaben zu begrenzen und Schulden abzubauen.
Wenn ich die geplanten Kürzungen genauer anschaue, bin ich entsetzt und fassungslos: Der Bildungsbereich und die Schulen sind überdurchschnittlich betroffen. 11.600 Lehrerstellen sind bis Ende 2020 zur Streichung vorgesehen. Damit verschärft die aktuelle Landesregierung die Politik ihrer Vorgänger, auf Kosten der Bildung und damit der Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden und beruflichen Schulen zu sparen.
(Der erwartete Rückgang der Schülerzahlen ist nicht so schnell und schon gar nicht überall spürbar und auch nicht einfach in die Schulplanungen umsetzbar. – Inzwischen dürfen es alle wissen: Die Prognosen des statistischen Landesamtes waren nicht zutreffend.)
Angetreten war diese Regierung mit dem Versprechen einer Bildungsoffensive. Jetzt versucht sie Veränderungen „kostenneutral“ (das heißt: ohne zusätzliches Geld) zu bewirken. Ja, sie kürzt sogar massiv.
Erste Vorboten sind größere Klassen und Kürzungsideen ausgerechnet bei kulturellen Angeboten.
Erste Auswirkungen der neuen politischen Richtung sind für mich in der Praxis schon erkennbar: Klassen werden zusammengefasst, Unterrichtsgruppen werden größer. Die Qualität des Unterrichts scheint zweitrangig zu sein. Hauptziel ist es, Lehrer-Deputate einzusparen. Solche Eindrücke und Befürchtungen höre ich auch aus anderen Schulen.
Leider ist das ja nur der Anfang: Langfristig werden kleine Klassen und auch kleine Schulen geschlossen werden, wenn keine Lehrkräfte mehr dafür zur Verfügung stehen. Das bedeutet weitere Wege für die Schülerinnen und Schüler.
Pädagogisch wertvolle Wahlangebote und Beiträge zur Schulkultur – wie AGs oder Schul-Theater – werden zuerst gestrichen werden. Das empfinde ich als dramatisch, weil diese besonderen Angebote für das Lernklima in den Schulen bedeutsam sind.
Hier bitte ich Sie als Betroffene um Ihr Engagement.
Eltern, Beschäftigte, Handwerksbetriebe, Wirtschaftsvertreter, Arbeitgeber und Bildungsverbände sehe ich als Mit-Betroffene und Mit-Verantwortliche. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, die Wählerinnen und Wähler sind herausgefordert.
Gut ausgebildete Schulabgängerinnen und Schulabgänger sind wesentlich, um die politische Kultur und den gesellschaftlichen Wohlstand zu erhalten und für die Zukunft zu sichern.
Politik reagiert durchaus auf Widerspruch und Einflussnahme.
Den deutlichen Protest vermisse ich bisher. – Was ist passiert?
Mich selbst hat diese Entwicklung überrascht. Vielleicht gab es auch so etwas wie eine zeitweise Schreck-Starre seit den ersten Kürzungs-Ankündigungen im Juli.
Ich möchte die Veränderungen aber nicht resigniert oder gar zynisch zur Kenntnis nehmen und einfach für mich alleine überleben!
Selbstverständlich sind wenige Einzelstimmen nicht ausreichend. Aber auf Gruppenäußerungen oder Protestbewegungen reagieren die politischen Entscheidungsträger sehr wohl.
Mein Appell: Kommen wir in Bewegung! –
Vor allem die Stimme der Eltern ist wichtig.
Lassen Sie die politischen Entscheidungsträger nicht weiter in der irrigen Annahme, dass Sie mit den Einschnitten im Bildungsbereich einverstanden seien.
Teilen Sie Ihnen mit, dass Sie diese nicht einfach hinnehmen wollen.
Beteiligen auch Sie sich an dieser wichtigen politischen Weichenstellung für den Bildungsstandort Baden-Württemberg.
Für Ihr Engagement bin ich dankbar.
Über Rückmeldungen freue ich mich.
M. Veeser-Dombrowski
Religionslehrer an beruflichen Schulen
Supervisor und Coach
Einige Aktionsideen für die Zeit vor den Beratungen des Landeshaushaltes im Dezember 2012:
- Gelbe Karten an die Landesregierung und die Landtagsabgeordneten schreiben
- Pressemeldungen mit Leserbriefen kommentieren
- Blog-Artikel (wie diesen) kommentieren
- sich über die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten informieren: z.B. Ist wirklich alles MAU? – Expertise von Herbert Huber
- Demonstrationen organisieren
- einen Flashmob durchführen
Weiterführende Links
- Ministerpräsident W. Kretschmann kündigt an, 11.600 Lehrerstellen bis 2020 zu streichen.
- Fragen und Antworten zur aktuellen Haushaltsplanung der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg
- Die Bildungsgewerkschaft GEW fragt nach bildungspolitischem Konzept in Zeiten des Sparens und kritisiert den Haushaltsentwurf 2013/14.
- Pressemeldung des Berufsschullehrerverbandes blv vom 27. November
- Die Lehrer sind sauer (veröffentlicht am Mi, 12. Dezember 2012 auf badische-zeitung.de)
- Für jene, die genaue Zahlen lesen wollen Entwurf des Haushalts 2013/14 – durchaus anstrengend aber informativ. Besonders die Übersichten über die Personalstellen sind sehr aufschlussreich.
- Stellungnahme der Kultusministerin Warminski-Leitheußer mit der Hauptaussage, dass im laufendden Haushaltsjahr 4 700
Stellen geschaffenPersonen eingestellt wurden – trotz fallender Schüler/innen-Zahlen – und in den nächsten beiden Haushaltjahren jeweils 1000 und 1200 Stellen gestrichen werden. Pressemitteilung vom 13. Dezember 2012
Herzlichen Dank an viele Begleiter/innen bei der Entstehung dieses Textes.
zuletzt bearbeitet am 21.07.2012 / 12.40 Uhr (V12) zur druckerfreundlichen Ansicht