Warum gute Vorsätze meistens nicht wirken
Wer kennt nicht die vielen guten Vorsätze, die wir uns gerne zum Geburtstag, am Beginn eines neuen Lebensabschnitts oder an Silvester für das neue Jahr vornehmen?
Viel zu wenig davon wird wirklich wahr; ob im privaten Leben, beim Lernen oder in beruflichen Zusammenhängen. –
Warum das so ist?
Vermutlich sind die meisten Vorsätze viel zu allgemein und zu groß. – Der erste Schwung geht angesichts der Anstrengungen bald verloren und die wohlmeinenden Ideen und hochstrebenden Ideale verlieren ihren Einfluss auf das alltägliche Leben.
Zum Beispiel stapelten sich bei mir regelmäßig Papier-Berge:
Sich einfach mehr anzustrengen, hilft selten bei der Umsetzung von Vorsätzen!
Solange Verhaltensänderung von außen angetrieben werden müssen, sind alle Beteiligten sehr angestrengt. (Das scheint mir das Grund-Drama in den allermeisten Schulen zu sein.) Da hilft es nicht, den Druck (von außen oder innen) einfach zu erhöhen. –
Ich schlage vor, einen anderen Blick auf die Aufgabe zu versuchen:
Mein Vorschlag: Klein beginnen und dranbleiben.
Beginnen Sie klein!
Entwickeln Sie neue Routinen für Ihren Tages- und Wochen-Ablauf.
Üben Sie längere Zeit – länger als Sie denken, es wäre notwendig!
Ziel-Formulierungen sollen konkret, überschaubar, terminiert und nachprüfbar sein, damit sie auf dem Weg zu einem angestrebten Zustand hilfreich werden können.
Überschaubare Schritte auf dem Weg zu einem angestrebten Zustand können fast alle Menschen beschreiben. Allerdings entwerten die meisten diese ersten Schritte ganz schnell. Sie zweifeln daran, dass man sich mit kleinen Schritten ein langfristiges und hoch gestecktes Ziel erreichen kann. –
Ich behaupte: Jede Weltreise beginnt mit einem ersten Schritt.
Jede Karriere beginnt mit dem Verständnis der ersten Vokabel der Fachsprache.
Jede Beziehung beginnt mit einem ersten, neugierigen Blick zu einem anderen Menschen.
Wenn Sie einen ersten Schritt gefunden haben, so üben Sie diesen ersten Schritt neun Monat lang. Auf diese Weise geben Sie sich die Chance, sich an die neue Verhaltensweise so zu gewöhnen, dass Sie diese auch nach dieser ersten Zeit wahrscheinlich beibehalten. – Überprüfen Sie ihren Erfolg.
Neurobiologische Begründung
Genau das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Verhaltensänderung: Sie lernen durch Regelmäßigkeit, auch Routine genannt. – Wenn Sie es geschafft haben, einen ersten Monat lang eine neue Vorgehensweise beizubehalten (z. B. angesammelte Stapel am Ende eines Arbeitstages eine Viertelstunde lang zu sortieren und weg zu räumen) , ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie den Sinn dieser neuen Angewohnheit erspüren und sie die inzwischen antrainierte Vorgehensweise weiter beibehalten werden.
Sollte sich die neue Idee als nicht erfolgreich erweisen, ändern Sie diese in einer bewussten Entscheidung so, dass sich ein Weg zum erstrebten Ziel eröffnet. Die neu entwickelte Verhaltensweise halten Sie wieder einen Monat lang durch und ziehen dann erneut Zwischenbilanz.
Tatsächlich fest eingeprägt haben sich Routinen dann erst nach vielen Monaten.
Lernkurven verlaufen selten linear, sie mäandrieren eher.
Dazu habe ich eine anregende, künstlerische Performance entdeckt:
Yoann Bourgeois Captivates Audience with Powerful Performance About Life (Original Video)
Ich wünsche Ihnen gute Ideen und viel Erfolg mit Ihren neuen Vorsätzen, besser: Gewohnheiten.
Quellenhinweise
- Zum Konzept der intelligenten Selbstregulierung und Eigensteuerung von Lernprozessen wurde ich angeregt durch: JANSEN, Fritz / STREIT, Uta: Positiv lernen. Springer: Heidelberg; 2. Aufl. 2008
- Zum Thema Zeitfresser Internet könnte ein Artikel des fudder-Autor Philip anregen.
- ein Kontrapunkt von Lobbo, der behauptet: Selbstdisziplin ist eine schlechte Charaktereigenschaft.
- Sie können Ihren Willen zum erfolgreichen Lernen online und anonym bei der Fernuniversität Hagen testen: Im VPT (Volitionaler Persönlichkeit Test).
In der Auswertung bekommen Sie Tipps, wie sie den Einsatz Ihres Willens wirksamer gestalten können.
Dieser Artikel gehört zur thematischen Reihe selbstmotiviert lernen:
- selbstmotiviert lernen (1): eigene Ziele, Meilen- und Stolpersteine festhalten
- selbstmotiviert lernen (2): eigene Ziele statt durch Vorsätze durch neue Routinen erfolgreich umsetzen
- selbstmotiviert lernen (3): Video-Aufzeichnung als Feedback
- selbstmotiviert lernen (4): sich ehrlich in Beziehung bringen
- selbstmotiviert lernen (5): innehalten hilft, sich wirksam zu entwicken
- selbstmotiviert lernen (6): zwischen Planung und Improvisation balancieren
- selbstmotiviert lernen (7): manche Gewissheiten hindern …
Beiträge mit ähnlichem Inhalt für Lehrerinnen und Lehrer: Die Artikel-Reihe „Profession Lehrkraft“
weitere hilfreiche Links:
- Über sieben gerne verwendete Ausreden, warum wir uns nicht verändern wollen, schreibt Roland Kopp-Wichmann aus Heidelberg einen gut zusammengefassten und anregenden Artikel
- Jörg Weisner denkt viel über Gewohnheiten und Veränderungen durch neue Gewohnheiten nach.
ursprünglich entwickelt in 2008;
deutlich ergänzt im Dezember 2024;
zuletzt bearbeitet am 28. Dezember 2024 zur druckerfreundlichen Ansicht