Kurze Zusammenfassung
Allgemein ist die Funktion des Gehirns gut bekannt.
Wir wissen also theoretisch, wie Lernen gelingt.
In den Schulen wird aber überwiegend noch nach der Kurz-Zeit-Lern-Technik gearbeitet:
Zu Klassenarbeit muss der Inhalt gewusst werden, anschließend wird nichts mehr gefragt und nichts mehr wiederholt: Fast alles wird wieder vergessen!
Diese Erfahrungen aus Unterricht und Prüfungen machen mich sehr unzufrieden und nachdenklich: Eine andere Art der Klassenarbeiten kann eine Verhaltensänderung hin zum nachhaltigen Lernen der Schüler/innen bewirken.Gliederung
- Mein Ziel als Lehrer: Nachhaltiges Lernen lehren
- Eine realistische Bestandsaufnahme: Die Mehrheit der Schüler/innen lernt nach dem „Kellner-Prinzip!“
- Vorschlag: Es werden frühere Unterrichtsthemen in Klassenarbeiten abgefragt.
- weiterführende Links
Mein Ziel als Lehrer: Nachhaltiges Lernen lehren
Das Wichtigste in der Schule scheint mir zu sein, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, wie sie sich selbst notwendiges Wissen selbst erarbeiten und dass sie dabei effektiv werden.
Bisher habe ich dies dadurch angestrebt, dass ich zu Beginn meines Unterrichts über Grundlagen des Lernens und ein paar prinzipielle Funktionen des menschlichen Gehirns informierte und für ein dreistufiges Lern-Verfahren der Schüler warb.
Ein paar Schüler haben diese Empfehlungen aufgenommen und damit gute Erfahrungen gemacht. Es tut gut, nach einigen Jahren dann davon zu erfahren.
Die Mehrheit meiner Schülerinnen und Schüler hat aber zum Zeitpunkt, da ich ihnen eine neue Form des Lernens vorgeschlagen habe, bereits ihre eigene Vorgehensweise eingeübt und sehr stark verfestigt.
Eine Änderung dieses Verhaltens kostet Energie. Warum sollten sich die Schülerinnen und Schüler anstrengen? – Überwiegend hat die weit verbreitete Methode, erst kurz vor der Klassenarbeit zu lernen, bisher doch funktioniert!
Eine realistische Bestandsaufnahme:
Die Mehrheit der Schüler/innen lernt nach dem „Kellner-Prinzip!“
Wer Schülerinnen und Schüler aufmerksam beobachtet (und ich tue dies im Unterricht und manchmal auch in den Straßenbahnen vor und nach dem Unterricht) wird feststellen und hören können, dass sie erst kurz vor Klassenarbeiten oder Prüfungen wirklich ernsthaft lernen.
- Sie haben dieses Verhalten gelernt. – Bisher hatte es in der überwiegenden Anzahl der Fälle auch funktioniert.
- Wir Lehrerinnen und Lehrer haben sie so trainiert, denn wir prüfen in der Regel immer noch am Ende einer Unterrichtseinheit. Das hat ja auch einigen Sinn! Allerdings gibt es auch Nebeneffekte dieser Lehrer/innen-Verhaltens.
Es führt eben leider dazu, dass die Erträge dieser manchmal heftigen Lern-Bemühungen – weil im Kurzzeit-Gedächtnis gespeichert – eben auch nur kurz dort bleiben und dann sehr schnell wieder verloren gehen. – Langfristig bleibt eher eine Abneigung und ein Erlebnis von „Ich kann das halt nicht gut!“, also eher eine Ent- als Er-Mutigung.
Es werden frühere Unterrichtsthemen in Klassenarbeiten abgefragt.
Die Idee in Stichworten:
- Optimal: Die in einer Klasse oder einer Jahrgangs-Stufe unterrichtenden Lehrkräfte einigen sich auf dieses gemeinsame Vorgehen.
- Die betroffenen Klassen oder Kurse bekommen einige Grundinformationen über Lernen-lernen und die Grundfähigkeit des menschlichen Gehirns, mehrmals selbständig bearbeiteten Stoff gut zu erinnern.
- Dann wird angekündigt, dass zukünftig jeweils ein Viertel der erreichbaren Punkte in einer Klassenarbeit oder Klausur über Aufgaben aus länger zurückliegendem und wiederholtem Unterrichtsstoff zu erarbeiten sein wird.
- Vor jeder Klausur wird der entsprechende Stoff rechtzeitig angekündigt und in einer Schulstunde neu entstandene Fragen auch beantwortet.
Für diese Wiederholungs-Stunde für länger zurückliegende Inhalte eignet sich die „Über-Kreuz-Frage-Methode“, wie sie im Beitrag „vierfach effektiv lernen“ dargestellt wurde.
Begründung
- Nur wenn es eine Verhaltensänderung (hin zum nachhaltigen Lernen, das heißt regelmäßigen Wiederholen und selbständigen Arbeiten) einen Unterschied macht (und das bedeutet für Schüler/innen, wenn die Noten sich ändern), werden wir ein anders Lehr-Lern-Verhalten etablieren können!
- Die Schüler/innen haben diese Verhaltensweisen als Reaktion auf bisherigen Unterricht und ihre Erfahrungen mit Leistungsmessungen entwickelt. Der Ansatz für eine Veränderung muss demnach höchstwahrscheinlich und logisch auch wieder in einer anderen Art von Unterricht und Formulierung von Aufgaben für Klassenarbeiten liegen.
- Kurzfristig wird sich der gefühlte Leistungsdruck bei der Schüler/innen erhöhen. (Ich höre sie schon rufen: „Was sollen wir denn noch alles lernen?“
- Langfristig wird diese gehirngerechtere Art zu lernen die Schüler/innen aber entlasten, denn sie werden sich durch regelmäßiges Wiederholen und Fragen-Stellen-Können in der Wiederholungsstunde vor der Klassenarbeit die Inhalte länger merken und neue Inhalte besser merken und einordnen können.
Eine Diskussion über Kommentare ist mir herzlich willkommen!
Dieser Beitrag gehört zur Reihe “Schule verbessern”:
- Schule verbessern (1): im rasanten Wandel
- Schule verbessern (2): reflektieren und Lernen organisieren
- Schule verbessern (3): nachhaltig lernen lehren (These: Die Form der Klassenarbeiten hat auch eine wesentliche Bedeutung für das Lernverhalten der Schüler/innen. Langfristiges und damit nachhaltiges Lernen der Schüler hängt auch von der Unterrichtsgestaltung durch die Lehrer/innen ab!)
- Schule verbessern (4): Eltern und Lehrer sollten miteinander sprechen lernen
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Zuletzt geändert am 13. Mai 2013 / 12:20 Uhr zur druckerfreundlichen Ansicht