selbstmotiviert lernen (4): sich ehrlich in Beziehung bringen

Zusammenfassung und Gliederung

Oft spielen wir anderen und uns selbst eine – meist künstlich-fröhliche – Rolle vor.
Wenn wir uns trauen würden, zu zeigen, wer wir wirklich sind, könnten wir damit in Beziehung treten.
Danach sehnen sich viele Menschen.

Ein ehrliches Gespräch tut gut.

Neulich, nach der Arbeit ergab sich ein spontanes Gespräch mit unerwarteter Offenheit von beiden Seiten.
Niemand wollte dem anderen etwas vorspielen oder vortäuschen.
Diese Ehrlichkeit tut gut.

Ich frage mich selbst,
warum ich mich das nicht mehrfach traue.

Oft erwarten wir von uns und anderen fortdauernd gute Laune.

Niemand mag dauernd schlecht gelaunte Zeitgenossen.

Umgekehrt, die immer und alltäglich gut gelaunten Dauer-Lächler sind doch auch nicht gut zu ertragen:
Mein Leben verläuft nicht so, dass ich immer lachen kann.
Ich vermute, dass dies keine Ausnahme ist.

Selbstverständlich bin ich gerne erfolgreich.

Ich strebe den Erfolg gerne selbst an.

Allerdings ist es wohl kaum realistisch, den Dauer-Erfolg zu behaupten.
Das ist fast immer unwahr! –
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass irgend jemandem immer alles glückt.
Wenn ich genauer hinschaue, erkenne ich bei mir und anderen ein realistisches Spiel von Aufs und Abs.

Masquerade von Aziz K. – ein Kurzfilm

In einem leider nicht mehr verfügbaren Blog von Daniel Mihajlovic (Stand: 1.11.2023) fand ich den Hinweis auf einen nachdenklich machenden Kurzfilm, den ich hier gerne weiter bekannt mache:

Masquerade von Aziz Kocanaogullari via Vimeo.

Ich bin begeistert, wie in dieser kurzen Sequenz so viel Erfahrung dargestellt wird.

Auch die verbreitete Traurigkeit darüber wird deutlich, wie wenig sich Menschen gegenseitig ehrlich zeigen und zumuten.

Und es gibt noch andere Erfahrungen:

Wer sich ehrlich zeigt, tritt damit in Beziehung.

Meine Erfahrung ist es, dass eine ehrliche Aussage über sich selbst Beziehung anbahnen und vertiefen kann.

Das geht nicht immer, aber es geht wahrscheinlich öfter, als ich es mich selbst traue.

In ehrlichen Beziehungen gelingt existentielles Lernen, das heißt, man kann (sich und andere) erziehen.

Eine weitere, für mich wichtige Erfahrung ist, dass ehrliche Beziehung auch in der Erziehung und Förderung von Kindern und Jugendlichen eine wesentliche Bedeutung hat. – Ich habe über die Jahre gerlernt, dass ehrliche Beziehungen die Grundlage der Erziehung eigener Kinder und von Kindern und Jugendlichen in der Jugendarbeit und auch in der Schule darstellt.

Der dänische Familien-Berater Jesper Juul beschreibt diese Grundhaltung der Gleichwertigkeit von Kindern und Jugendlichen in seinem Bestseller „Das kompetente Kind“ sehr anschaulich, glaubwürdig und für mich erhellend. – Ich habe von diesem Perspektiven-Wechsel sehr profitiert und wünsche dies möglichst vielen anderen, die mit Menschen umgehen, auch.

Welche Aufgabe hat Supervision für ehrliche Beziehungen?

Sollte jemand sich für diesen Weg entschieden haben, so kann in Supervision diese Entscheidung für eine andere Verhaltensweise unterstützt werden:

  • eingeübtes Rollen- und Beziehungs-Verhalten kann mit Hilfe der Supervision bei sich selbst entdeckt werden
  • diese Rollen und Verhaltens-Routinen wurden im Leben durch bestimmte Rahmenbedingungen entwickelt und trainiert. Diese Geschichte kann man unter Supervision teilweise rekonstruieren.
  • unterscheiden, welche Rollen und Gewohnheiten sinnvolle Entlastung darstellen und welche hinderlich sind
  • alternative Verhaltensmöglichkeiten entwickeln und einüben.

Wie denken Sie darüber?

Über Rückmeldungen und Diskussionsbeiträge freue ich mich.

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Weiterführende Links

Dieser Beitrag gehört zur Reihe „selbstmotiviert lernen“:

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entwickelt im Frühjahr 2009;
zuletzt leicht bearbeitet am 2.11.2023      zur druckerfreundlichen Ansicht zur druckerfreundlichen Ansicht

6 Gedanken zu „selbstmotiviert lernen (4): sich ehrlich in Beziehung bringen“

  1. Danke für diesen interessanten Beitrag. Ich kann dem nur zustimmen. Ehrlichkeit ist leider nicht mehr überall gewünscht. Man muss ja dauerhaft aufpassen, dass man nicht über den Tisch gezogen wird.

  2. Man kann eigentlich nur motiviert lernen. Wie kann man bitte unmotiviert lernen. Das hat ja keinen Sinn. Entweder ich will was lernen oder nicht.

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  4. Hier finde ich mich total wieder. Irgendwie tat es mir gerade richtig gut, diesen Beitrag zu lesen und hat mich angespornt, weiter an mir zu arbeiten um mich und andere zu mögen!!

  5. Ich sehe das so, dass es vor allem wichtig ist SELBST zu wissen, wie’s einem wirklich geht. Dann kann man je nach Situation wählen, ob und wieviel man davon zeigt.

    Wenn ich stinksauer bin und genau in dem Moment ein Kunde zur Tür reinkommt, werde ich meine Wut nicht an dem Kunden auslassen, sondern den Ärger für den Moment zurückstellen. Das kann ich tun, indem ich eine Gutelaune-Maske aufsetze, oder indem ich schlicht eine Entscheidung treffe, was mir JETZT wichtig ist. Das ist nicht unecht oder falsch, denn die Wut ist nur EIN Aspekt meines momentanen Seins. Alle anderen Aspekte sind genau so echt, es ist lediglich die Frage, welche Aspekte im Vordergrund und welche eher im Hintergrund sind.

    Ein Problem entsteht meiner Meinung nach erst dann, wenn ich selbst vergesse, DASS ich eine Maske aufhabe.

    Ich denke, die Entscheidung, eine Maske, die schon viel zu lange getragen wurde, abzulegen, bedarf einer grossen Portion Mutes. Denn in so einem Fall, ist einem selbst oft gar nicht mehr so klar, was sich darunter verbirgt. Und das macht Angst. Angst, dass das einen überwältigen könnte, Angst, wie wohl das Umfeld darauf reagieren könnte usw. Ich denke, dass es deswegen wichtig ist, sich die passenden Rahmenbedingungen auszuwählen und das „Maskenablegen“ in einem relativ sicheren Umfeld zu beginnen.

    Viele Grüsse,
    Daniel

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