neue Ideen zulassen (Wandel lernen – 3)

Zusammenfassung

Welche Bedingungen und Haltungen benötigen wir, um neue Ideen zu finden, diese auch auszuhalten und sie in neue Handlungsmuster umzusetzen?

Gliederung

Drei wichtige Faktoren: Vielfalt – Aushandlung – Reflexion

Aus der Fülle von sinnvollen Bedingungen greife ich drei für mich besonders wichtige heraus:

a)      Vielfalt statt Einfalt

Vom lebensweisen Michael Lukas Möller (zwei Jahre vor seinem Tod) habe ich die treffende Beschreibung einer erlebnisnahen und weit verbreiteten irrtümlichen Annahme: Es gibt immer zwei Standpunkte, den eigenen und den falschen! In diesem Bonmot spiegelt sich unser Bedürfnis nach Übersichtlichkeit und Bestätigung der eigenen Sicht. (Er bezieht sich dabei offensichtlich auf Channing Pollock.)

Vielfalt überhaupt zuzulassen, bedarf darum einer eigenen Entscheidung, oft auch eigenen Anstrengung.

Wer aber je an einem großen Fest vielfältiger Menschen teilgenommen hat und sich freuen konnte an der Anregung, der hat auch schon einmal erlebt, wie belebend und bereichernd die Unterschiedlichkeit sein kann, wenn wir darin nicht kämpfen müssen oder unterzugehen drohen.

b)      Aushandlung statt nur Bestätigung in der eigenen Meinungsgruppe

Die Vielfalt ist da. Durch die mit dem Schlagwort „Globalisierung“ nur unzulänglich erfassten mehrdimensionalen Prozesse der Vernetzung, Beschleunigung der Prozesse und der vielfältigen Medien wird diese Vielfalt für viele schnell zu viel. Die Frage ist also, ob wir die unterschiedlichen Verhaltens-, Sicht- und Deuteweisen wahrnehmen.

Die nächste Frage ist, ob wir uns auf unterschiedliche Quellen, Meinungen und Anschauungen beziehen wollen und können. Dies nenne ich aushandeln.

c)      Reflexion

Der dritte Schritt wird meiner Beobachtung nach viel zu oft vermieden, übergangen oder vergessen: Nach dem Projekt, nach der Handlung (auch den Sprach-Handlungen) erscheint es mir als sehr sinnvoll, nochmals auszuwerten: Was bedeutet dies? Was war neu? Was hat geärgert? Warum? Was ist gelungen und kann gerne so wiederholt werden? Wo besteht noch dringender Nachbesserungsbedarf?

Mit einer reflexiven Haltung kann Aneigung, Veränderung und Konsequenz in den Handlungen möglich werden.
Und darum geht es mir: Geredet wurde schon viel.

Vielfalt und Spannung bewusst riskieren

Der Hochschullehrer, Psychologe und Begleiter von Veränderungsprozessen, Prof. Dr. Peter Kruse, schildert in diesem siebeneinhalb-minütigen Kurzvortrag seine Erfahrungen mit der Förderung von kreativitätsfördernden Umgebungen. Ich finde seine Gedanken sehr anregend:

Besonders gefällt mir der Vergleich mit dem menschlichen Gehirn und den staatenbildenden Insekten!

Die Kunst der erträglichen Dosierung

Wenn ich in meine eigene Praxis schaue und meine Erfahrungen dazu lege, so scheint mir in der Gestaltung kreativitätsfördernder Umgebungen die Balance zwischen anregender Zumutung und dem Bedürfnis nach Ruhe, Routine und Entlastung der entscheidende Punkt zu sein.

Zuviel Spannung und Störung führt zu unerwünschten Gegenreaktionen wie Vereinfachungen und Abwehr und zu wenig widerstreitet dem Veränderungsdruck.

Kann die Internet-Technologie fördern oder hindert sie?

Darüber lässt sich trefflich streiten:

Die einen sind begeistert und lassen sich von der Fülle der Ideen und Darstellungen anregen, die anderen befürchten oder beobachten, dass sich viele Internet-Nutzer schon wieder vereinfachend nur  noch in Meinungsgruppen oder personalisierten Portals bewegen und eben alle Informationen über die Welt aus wenigen Lieblingsmedien-Seiten beziehen.

Einige wenige gehen sogar von einer demokratiegefährdenden Tendenz aus.

Ich selbst hole mir Anregungen von Kolleg/innen und – zeitlich dosiert – aus dem Internet.

Meine eigene Praxis verrate ich hier gerne auch:

  1. Die wichtigste Quelle sind für mich nach wie vor Personen, die außergewöhnlich denken und ungewöhnliche Verknüpfungen vorschlagen.
  2. Zweitens lese ich nach wie vor Fachzeitschriften, die in meinem Bereich auch manche ungewöhnliche Verbindung und neue Ideen darstellen.
  3. Darüber hinaus nehme ich mir immer mal wieder 15-30 Minuten und gehe bewusst „querfeldein“ im Netz und lasse mich „verführen“, andere, mir nicht bekannte Ideen und Seiten zur Kenntnis zu nehmen.
    Die Zeitbegrenzung hilft mir, nicht in der Informationsmenge zu versinken und nach drei Stunden „Internet-Trance“ mit Kopfschmerzen und völlig verwirrt wieder meiner selbst bewusst zu werden.

Ich kann solche bewusste Vorgehensweisen empfehlen: Sie geben Unbekanntem, Störendem, Neuem eine Chance und überfordern nicht.

Herzlichen Dank für vielfältige Anregungen

Mit Dankbarkeit erinnere ich mich an anregende Diskussionen, auch Streitgespräche in den verschiedenen Ausbildungsgruppen, im Kreis der Kolleg*innen aus sozialer Arbeit, Kirche, Initiativgruppen, Fortbildner*innen und Berater*innen, Lehrkräften und Supervisor*innen.

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Weiterführende Links

entwickelt im Oktober 2010;
zuletzt bearbeitet am 14.09.2024 / 16:05 Uhr           zur druckerfreundlichen Ansicht zur druckerfreundlichen Ansicht