Ehrenamtliche Supervision mit Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit

Einige Gedanken und Reflexionen zur Supervision im Rahmen des Projektes „Ehrenamtliche Supervision von ehrenamtlicher Flüchtlingsarbeit“ (ESEFA) der Freiburger Vereinigung von SupervisorInnen e. V.

1. Ehrenamtliche Supervision mit Ehrenamtlichen – Spiegelungseffekte, die reflektiert gehören

In den Diskussionen unseres berufsständischen Vereines waren wir uns schnell einig, dass wir kein Interesse an Gewinn im Zusammenhang mit der supervisorischen Begleitung der großen gesellschaftlichen Herausforderung entwickeln werden. Wir dachten über unseren Beitrag angesichts der vielen in unser Land geflüchteten Menschen nach.

So entstand die Idee, die Supervision für die Ehrenamtlichen ebenfalls in einem Projekt als kostenloses Angebot, also ehrenamtlich, anzubieten.

Noch mehr als auch sonst lädt diese Konstellation zu Spiegelungs- und Übertragungseffekten ein. Damit wollten wir rechnen und dies selbstverständlich – entsprechend unserer Profession – in Intervisionen und Kontroll-Supervisionen reflektieren.

Umgekehrt bieten sich so auch besondere Interventionsmöglichkeiten, denn der Supervisor kann als Modell für klar begrenztes, strukturiertes und durchdachtes, ehrenamtliches Angebot wahrgenommen werden.

2. Ehrenamtliche Personen haben spezifische Bedürfnisse

Bei ehrenamtlich engagierten Personen entfällt z. B. die gesellschaftlich eingeübte Gratifikation über Entlohnung. So werden andere Bedürfnisse der Anerkennung oder Begründung wichtig.

So unterschiedlich die engagierten Personen sind, so unterschiedliche Bedürfnisse können sie entwickeln und als Motive für Engagement nennen.
Das könnten beispielsweise sein:

  • angenehme Kontakte
  • Sinnstiftung
  • Anerkennung
  • öffentliche Wahrnehmung
  • Horizonterweiterung, z.B. durch Lernen neuer Verhaltensweisen …

Supervisorisch kann die Klärung der Motivation für ehrenamtliches Engagement ein sinnvolles Angebot darstellen.

3. Kulturelle Kompetenzen

Das Feld der Flüchtlingsarbeit bedarf einer reflektierten inter- oder transkultureller Kompetenzen. Diese Aussage könnte fast schon trivial empfunden werden.

Tatsächlich engagieren sich viele Menschen aus einem menschlichen Impuls heraus in diesem Feld und haben dann bald mit möglichen Verwicklungen zu tun, die sich bei näherer Betrachtung als in unterschiedlichen Kulturen gründend entschlüsseln lassen.

Für die Supervidierenden gilt dies selbstverständlich ebenso. Die Aufgabe besteht darin, die eigenen kulturellen Prägungen, Vorlieben und Gewohnheiten und auch Wahrnehmungen und Bewertungen zu entdecken und zu befragen.

Supervisorisch werden diese kulturellen Gewohnheiten und Verwicklungen dargestellt, dechiffriert und alternative Deutungs- und Verhaltensweisen gesucht und hoffentlich auch gefunden.

4. Hoch volatile gesellschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen

Das Feld der Flüchtlingsarbeit findet in einem sich rasend schnell wandelnden Umfeld statt. Phasenweise sind Rechtsnormen faktisch außer Kraft gesetzt gewesen, dann änderte sich die Stimmung und die politische Meinung und die Normen sollen wieder angewendet werden.

Hier wird die Supervision den Umgang mit den – auch wechselnden – Dynamiken, Realitäten und Bewertungen begleiten und die Begrenzungen der Einflussmöglichkeiten reflektieren.

5. Wer darf wie lange bleiben?

Immer wieder wird die Frage gestellt, ob sich die Begleitung von Personen „lohnt“, die mit hoher Wahrscheinlichkeit bald abgeschoben werden.
Meine eigene Antwort darauf: Wenn die geflüchteten Personen eine gute Erfahrung machen und/oder etwas lernen können, dann hat sich das Engagement für mich gelohnt.

Tatsächlich müssen die Ehrenamtlichen auch mit der Abschiebung von Betreuten rechnen und die vorhersehbaren Ent-Täuschungen und die Grenzen des Rechts und der Einflussmöglichkeiten können Gegenstand in den Supervisionen werden.

6. Dramatische Themen der Geflüchteten

Schließlich kommen die teilweise dramatischen Erlebnisse und deren Verarbeitung als Inhalte der Kommunikation der Ehrenamtlichen mit den Geflüchteten als herausfordernde Themen noch dazu.

Nicht jede Supervisorin, jeder Supervisor kann und muss Trauma-Experte sein. Es sollte allerdings damit gerechnet werden, dass Trauma-Reflexe oder -Inhalte direkt oder indirekt thematisiert werden.

Professionelle supervisorische Begleitung kennt ihre Grenzen und kann – im Bedarfsfall – auch an traumatherapeutische Fachstellen verweisen.

Supervisorisch könnte mit den Ehrenamtlichen auch an solchen Begrenzungen und Verweismöglichkeiten gearbeitet werden.

Schließlich sollen Supervisorinnen und Supervisoren sich auch immer wieder de-identifizieren, wieder Distanz herstellen und aus dem „Sog des Systems“ heraustreten und so neue Sichten und Zugänge eröffnen.

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zuletzt bearbeitet am 6.05.2016 / 14:05 Uhr          zur druckerfreundlichen Ansicht zur druckerfreundlichen Ansicht