Leitbilder als Vermeidung von Wahrnehmung (Wandel lernen – 2)

Zusammenfassung

Organisationen zu entwickeln, ist eine komplexe Aufgabe. Sie wird nicht erreicht, in dem schnell Leitsätze oder Leitbilder aus dem üblichen Wortschaft neu zusammen gewürfelt formuliert werden.

Nicht selten sind Leitbildprozesse genau dies: Sie dienen der Vermeidung von Kontakt mit Realitäten und der daraus folgenden anstrengenden Veränderungsarbeit.

Gliederung

Ein Leitbild  zu formulieren, ist modern.

Eine Mode macht sich in den Organisationen breit: Jede Einrichtung, die etwas auf sich hält, beschreibt Leitsätze und veröffentlicht diese – möglichst graphisch ansprichsvoll gestaltet.

Ein Leitbild kann Veränderung auch verhindern.

Je nach dem, wie solche Leitbilder entstanden sind, dienen sie eher der Vermeidung von Veränderung: Je normativer und allgemeiner die Formulierungen und je arbeitsteiliger die Texte entstanden sind, desto weniger Teile der Organisation stehen hinter einer entsprechenden Praxis und deso weniger wirksam werden die Sätze in der Regel auch sein.

Die Sätze gleichen sich in vielen unterschiedlichen Reihenfolgen. Oft sind sie eine Aneinanderreihung von hohen Werten.

Da die Ausagen so allgemein gehalten sind, treffen sie auf sehr viele Situationen zu und doch wieder nicht. Sie sind auswechselbar.

Es hängt vor ganz anderen Faktoren ab, ob ein Leitbild wirkt:

  • Soll überhaupt etwas verändert und verbessert werden?
  • Wird die Realität (als Ausgangspunkt) wahrgenommen?
  • Werden die Werte umgesetzt – oder nur behauptet?
  • Sind sich die Mitarbeiter und das Leitungspersonal einig, in der Richtung der Entwicklung?
  • Sehen Leitungen, Beteiligte, Kunden und die Öffentlichkeit den Nutzen der Entwicklung (ein)?

Feedback unterstützt die Veränderung in die günstige Richtung.

Feedback kann eine Anregung für Lernprozesse in allen Ebenen einer Organisation sein. Dazu muss eine entsprechende Bereitschaft zum Annehmen und Honorieren dieser mutigen Ausdrucksform vorhanden sein.

Anregende Impulse des Organisationsentwicklers Dr. Klaus Doppler – mit Praxisbeispielen

In einem kurzen Video-Clip sind wesentliche Ausschnitte aus den Erkenntnissen von Dr. Klaus Doppler zusammen gestellt: http://www.youtube.com/watch?v=I9pOry1CSLw

Beim 1. Freiburger Kongress Personalführung am 17. März 2010 sprach der Organsiationsentwickler Klaus Doppler einen knapp einstündigen, sehr erfrischend offenen Impulsvortrag.

Unter anderem geht er auf die Wirkung von Leitbildern ein und spricht davon, wie sie wirken oder auch – offensichtlich gewollt – nicht wirken.
Herr Dr. Doppler geht tatsächlich davon aus, dass Leitbilder auch zur Verhinderung von anstrengender Veränderung verwendert werden können. Wenn der Wille zur Veränderung  fehlt, kann die Umsetzng der Impulse aus der Organsiationsentwicklung dafür sorgen, dass nichts oder nur wenig verändert wird, obwohl die Veröffentlichungen etwas anderes sagen.

Den Impulsvortrag vom Kongress Personalführung in Freiburg ist schwer zu finden.  Ulrich Schabel, Personalentwickler und Supervisor und einer der Mitinitiatoren des Kongresses hat mich freundlicherweise auf den Vortrag von Dr. K. Doppler aufmerksam gemacht. Er ist in den Seiten der Erzdiözese Freiburg unter „Audio und Video“ ganz weit unten neben einem sinnigen Bild mit zwei Schuhen, deren Schuhbänder aneinander gebunden sind, anzuhören:
http://www1.erzbistum-freiburg.de/html/audio_und_video.html?t=c33b7969e2c206a465c60e76a7ccaa36&vorschau=Bildgalerie_popup_absaetze_93607

Meine stichwortartige Zusammenfassung wesentlicher Impusle von Dr. K. Doppler:

  1. Leitbilder leiten nicht.
  2. Leitbilder sind nur soviel wert, wie die persönliche Integrität und Energie derjenigen, die hinter dem Papier stehen.
  3. Jede Praxis hat auch eine Theorie im Hintergrund. – Diese muss nicht immer aufgeschrieben sein. Aber sie wirkt und es gibt Gründe für das gezeigte Verhalten.
  4. Veränderung beginnt bei einer Bereitschaft zur Bestandsaufnahme und zur Wahrnehmung von Realitäten.

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Weiterführende Links

zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2011 / 21:04 Uhr              zur druckerfreundlichen Ansicht zur druckerfreundlichen Ansicht

Der Wandel ist notwendig (Wandel lernen – 1)

Zusammenfassung

Viele Sicherheiten und bisherige Gewissheiten werden zur Zeit fraglich. Der Wandel der Rahmenbedingungen hat ein atemberaubend hohes Tempo erreicht. Bisher vertraute Lösungsansätze zeigen keine ausreichende Wirkung mehr.

Zusätzlich trauen sich Verantwortliche nur selten, ihre Wahrnehmungen, Bewertungen und Lösungsansätze klar auszusprechen. Folglich schwindet Vertrauen, denn viele Menschen spüren, dass man ihnen die Wahrheiten nicht mehr sagt.

Eine neue, gewandelte Umgangsweise mit den wichtigen Themen der Menschen ist notwendig.

Ansätze für einen „großen Wandel“ sind erkennbar.
Wir können diese Ansätze stärken: Kleine Schritte von Vielen in die neue Richtung können eine lange andauernde Wirkung erzeugen.

Mit diesem Artikel beginne ich eine  neue, thematische Reihe zum „großen Wandel“.

Gliederung

Die Menschen spüren die vielen Unstimmigkeiten und offenen Fragen.

Immer mehr Menschen spüren, dass unsere Art zu leben, zu wirtschaften und mit unserer Umgebung umzugehen, in Sackgassen führt. Viel besprochene Stichworte dazu sind:

  • Umwelt- und Klimakrise
  • Hypotheken-, Banken- und Wirtschafts-Krise
  • Schwindendes Vertrauen in Politiker/innen und ihre Lösungsfähigkeiten
  • fortdauernder Schwund an Anerkennung von Institutionen
  • Zweifel an einer faire Regelung von Ausgleich und Solidarität
  • mehr und mehr auch Nachdenklichkeit und Veränderungsimpulse im Persönlichen

Große politische Fragen werden zur Zeit nicht zufriedenstellen geklärt:
Unser Handeln schädigt das Öko-System der Erde: Klima-Krise

Mitte Dezember sucht eine große und hochgradig besetzte Konferenz zur Klima-Problematik in Kopenhagen nach verbindlichen Verabredungen zum Schutz des Welt-Klimas. Aber die eingeübten Politik-Rituale verhindern einen qualitativen Sprung und am Ende kam eine politische Absichtserklärung heraus, die für viele Interessierte niederschmetternd arm an Substanz ist. Zudem wurde diese Erklärung vom Plenum der Konferenz nur „zur Kenntnis genommen“, ist also nicht verbindlich. Und die Probleme werden wieder nicht ausgedrückt sondern verkleistert oder verkleidet.

Große wirtschafts-politische Fragen bleiben ungeklärt:
Welche Wirtschaftordnung wollen wir in Zukunft?

Auch die zukunftsweisende Konsequenzen aus der Hypotheken-, Bank- und Wirtschaftskrise kann ich nicht erkennen. Eher scheint das gewohnte und eingeübte Verhalten nach den Erschütterungen wieder rekonstruiert zu werden und wir leben alle weiter, wie vorher – bis zur nächsten Krise.

Die Frage, wie immer weniger Menschen mit ihrer Erwerbsarbeit immer mehr ältere Menschen nach deren Erwerbsphase versorgen und wie die Kranken- und Pflege-Kassen die neuen Herausforderungen bewältigen sollen, ist meiner Wahrnehmung nach ungeklärt.

Jene, die es wagen, die Offenheit dieser Fragen anzusprechen, werden lächerlich gemacht oder der Schwarzmalerei bezichtigt.

Die Antwort wird aber nicht gegeben.

Die Frage nach Gerechtigkeit ist nicht geklärt:
Viele fühlen sich ungerecht behandelt.

Die Frage nach der Gerechtigkeit in unserer reichen Wissens-Gesellschaft wird zur Zeit nicht zufriedenstellen beantwortet.

Immer mehr Menschen arbeiten in mehreren „Beschäftigungs-Verhältnissen“ und haben immer noch zu wenig.
Die EU hat ein Kampagnen-Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ausgerufen. Bisher hatte ich davon nichts wahrgenommen. Nun – im März 2010 – erfahre ich per Zufall davon: Zur Startseite für die deutschen Aktivitäten geht es hier.

Andere Teile der Gesellschaft haben schlicht so viel, dass sie unmöglich verbrauchen können, was sie besitzen.

Angesichts dieser immer schärfer klaffenden Schere zwischen Armen und Reichen fühlen sich diejenigen, die weniger haben, als für ein menschenwürdiges Leben notwendig ist, ungerecht behandelt. (Quelle: Eine aktuelle Studie des DIW, siehe Wochenbereicht 24/2010 – pdf)

Die Viel-Besitzenden fühlen sich ebenso ungerecht behandelt, wenn sie zusätzlich belastet werden sollen.

Alternative Konzepte, wie ein bedingungsloses Grundeinkommen, werden mehrheitlich nicht ernsthaft diskutiert.

Dass die Frage nach einer gerechten Verteilung der Lebensmöglichkeiten und damit die Frage nach der Verteilung des objektiven Reichtums bislang ungelöst ist, liegt sicher auch daran, dass ernste Alternativen nicht oder nicht ausreichend diskutiert werden.

Auch hier fehlt der Mut, einmal ehrlich zu sagen, dass die lohnabhängige Besteuerung und die lohnabhängige Absicherung der Sozialsysteme sicher in eher kürzerer als längererer Frist nicht mehr funktionieren wird.

Der Mangel an mutigen und klaren Aussagen führt zu Vertrauensverlust.

Wenn Menschen die Erfahrung machen, dass man ihnen die Wahrheit vorenthält, ziehen sie daraus ihre Schlüsse: Sie verlieren das Vertrauen.

So hat eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung ein starkes Misstrauen gegenüber den Politiker/innen ermittelt. eine Pressemitteilung der Stiftung fasst wichtige Punkte zusammen und die Studie „Vertrauen in Deutschland“ vom Dezember 2009 finden sie hier (als download, pdf, 2,1 MB).

Diskutieren Sie mit!

Selbstverständlich bin ich nicht der einzige, der sich über diese Vorgänge und die not-wenigen Wandlungen Gedanken macht.

Vielleicht haben Sie Interesse, Ihren Beitrag dazu zu schreiben. – Über Kommentare und Rückmeldungen freue ich mich.

Bei Gelegenheit werden weitere Beiträge zu dieser Reihe folgen.

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zuletzt bearbeitet am 20. Oktober 2011 / 09:03 Uhr       zur druckerfreundlichen Ansicht zur druckerfreundlichen Ansicht