Warum Organisationen nur mühsam verändert werden können

Neulich wurde ich gebeten, zum Thema „Änderung der Konferenzstruktur in Schulen“ zu schreiben.

Mir scheint das Thema deutlich komplexer, als man auf den ersten Blick vermuten könnte.

Viele Änderungs-Impulse scheitern

Am Beispiel der Verbesserung der Konferenz-Vorbereitung und Durchführung gibt es viele klugen Vorschläge. Auch ich habe dazu schon beigetragen:

Mein Vorschlag war, schon bei der Sammlung der möglichen Tagesordnungspunkte die Teilnehmenden einzubeziehen und nach Ziel, passender Methode, Zeitbedarf und Moderation zu fragen.

Dieser Veränderungsversuche von Konferenzkultur wurden auch erprobt und hatten – nach meiner Einschätzung – auch eine Zeit lang funktioniert.

Langfristig rekonstruieren sich die Zustände vor den Veränderungsimpulsen aber wieder und es bleibt Vieles, wie es schon vorher lange war.

Dazu vertrete ich inzwischen die These:

Konferenzen sind ein Ausdruck der Organisationskultur (in meinem Beispiel: der Schule) und können nachhaltig nicht als losgelöste Elemente geändert werden. – Wohlmeinende Versuche werden oft darin münden, dass die alte und lange eingeübte Struktur sich wieder herstellt. (Viele sind erstaunt, manche enttäuscht.)

Erklärungsversuche

Wer sich länger mit der Dynamik von Systemen, den Gesetzmäßigkeiten von Organisationen (hier am Beispiel des Systems Schule) beschäftigt hat, der wird nicht überrascht werden:

  1. In Konferenzen wird eine wesentlicher Ort der Kommunikation in der Organisation (der Schule) sichtbar und greifbar.
  2. Damit kommen mindestens diese weiteren Themen mit ins Spiel
  • Selbstbilder der Kollegen
  • Leitungsvorstellung
  • Konflikt-Kultur
  • veröffentliche Werte und Verfahren (Leitbild) besonders der Thema „Gestaltung von Veränderungen“
  • und – ganz wesentlich – die Identitätsfrage: Wer sind wir und wollen wir sein?

Auch Systeme können zu Entwicklungen angeregt werden!

Die Anzahl gescheiterter Änderungsversuche in meinem Wahrnehmungsbereich ist groß. Dies heißt nur, dass es nicht so einfach ist, eine Organsiation zu Veränderungen anzustoßen, wie dies vielleicht auf den ersten, naiven Blick angenommern werden könnte. Sehr oft werden die Beharrungskräfte von Organisationen deutlich unterschätzt.

Bedingungen für den Erfolg solcher Anregungen sind die eingehende Beschäftigung mit

  • dem Veränderungswillen und was dieser für die Organisation bedeutet
  • der Kultur der Organisation (besonders im Umgang mit Irritationen)
  • den Systembedingungen (Wie definiert sich das System? Nach welchen „Spielregeln“ lebt das System?)

Schließlich kann dann bewusst, mit Nachdruck und einem langen Atem interveniert und aufmerksam registriert werden, wer und was sich bewegt und wie die Organisation sich verändert.

Wer Systeme zu Entwicklungen anregen möchte, benötigt ein hilfreiche Theorie.

Wer Systeme mechanisch versteht, missversteht sie gründlich. Einladungen zu diesen Missverständnisse aus unserem Alltgasbewusstsein sind reichlich. Systeme sind aber wesentlich komplexer, als wir normalerweise wahrnehmen!

Wer Systeme zu Entwicklungen anregen möchte, muss sie – mindestens teilweise – verstehen. Wir benötigen eine Theorie, welche der komplexen Thematik angemessen komplex und dennoch handhabbar ist. Von Lisa Roth habe ich dazu einen sehr aufschlussreichen und anregenden Text gelesen, den ich hier gerne weiter empfehle: Bis Du nicht willig, so brauch ich Gewalt? – Systemtheorie für Lehrer: Helmut Willkens Grundzüge einer Theorie der Intervention in komplexe Systeme (auf shift. Weblog zu Schule und Gesellschaft; August 2012)

Was Lisa Roth hier schreibt finde ich allgemein für Organisationen anregend. Herr Willke behandelt ja auch ganz allgemein „Interventionstheorie“.

Ich las ihren und seinen Text mit großem Gewinn und auch mehrfach und empfehle beide gerne weiter.

Das Buch von Helmut Willke lohnt sich: Es ist anspruchsvoll und verständlich – eine wohltuende Mischung aus sorgfältiger Beobachtung und erhellender Theorie.

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Weiterführende Links

zuletzt bearbeitet am 22.12.2014 / 10:10 Uhr zur druckerfreundlichen Ansicht zur druckerfreundlichen Ansicht

Konferenzen nerven

Es gibt viele schlechte Erfahrungen mit Konferenzen.

Fällt Ihnen bei “Konferenz” auch “Bremsscheibe” ein?

Ein Künstler aus Freiburg hatte mich schon vor Jahren beeindruckt und angeregt:
Er hatte aus Draht eine Konferenz-Gruppe gestaltet. –
Der Tisch war aus einer Brems-Scheibe gefertigt.
Er spiegelt damit die Erfahrung vieler Menschen:
Sie haben keine guten Erinnerungen an diese Arbeitsform:

  • Man sitzt – oft unter Zeitdruck – zusammen
  • versucht, Aufgaben zu erledigen
    (informiert werden, Meinung bilden, koordinieren und entscheiden). –
  • fühlt sich unwohl und ärgert sich möglicherweise
    (über fehlende Informationen, Klarheit und Vorbereitung)
  • fühlt sich gestört durch unangemessenes Verhalten anderen Teilnehmerinnen oder Teilnehmer
  • und bewertet abschließend den Ertrag der Sitzung also unzufriedenstellend.

Prof. Dr. G. Dueck beschreibt ein weit verbreitetes Bündel von ungünstigen Phänomenen in einem Interview zu seinem provozierenden Buchtitel Schwarmdumm. (Schlechte akustische Qualität und inhaltlich sehr anregend!)

Microsoft hat zuviele Konferenzen als Produktivitätskiller Nr. 1 bezeichnet.

Konferenzen können effektiv gestalten werden
und machen dann sogar Spaß!

Konferenzen werden dann effektiv und gut, wenn … [hier klicken und weiter lesen]

zuletzt bearbeitet am 1. März 2024 / 17:30 Uhr      zur druckerfreundlichen Ansicht zur druckerfreundlichen Ansicht

effektive Konferenzen

Eine Kurz-Definition von „Konferenz“:

Mehrere Personen sitzen – oft unter Zeitdruck – zusammen und haben eine Liste von Aufgaben (informiert werden, Meinung bilden, koordnieren und entscheiden) zu erledigen. –

Sehr viele Menschen haben ungute Erfahrungen mit Treffen dieser Art. Sie hätten am liebsten, diese wären schon wieder vorbei. –

Denken Sie bei „Konferenz“ auch an „Bremsscheibe“?

Ein Künstler aus Freiburg hatte mich vor einiger Zeit sehr beeindruckt: Er hatte aus Draht eine Konferenzgruppe gestaltet. – Als Tisch diente eine Brems-Scheibe.

Man kann Konferenzen sehr effektiv gestalten. – Dann machen sie vielleicht sogar Spaß.

Auf dem Hintergrund, dass sehr viele Menschen bei „Konferenz“ unangenehme Einfälle und Gefühle produzieren, erscheint es als sehr sinnvoll, diese Treffen gut vorzubereiten und klug zu moderieren, damit ungute Stimmung vermieden wird und die Aufgaben sachgerecht und effektiv erledigt werden können.

Selbst mag ich gut vorbereitet und effektiv geleitete Konferenzen, weil so notwendige Meinungsbildungen, Absprachen und Entscheidungen sinnvoll bearbeitet werden können.
Leider habe ich auch immer wieder erlebt, dass sinnlos Zeit und Energie von vielen Menschen „verbrannt“ wurde, weil unnötige oder nicht gut vorbereitete Konferenzen durchgeführt wurden.

Ich empfehle:

  1. Vor der Konferenz ist zu klären, ob sie überhaupt notwendig und angemessen ist.
    So können Informationen oft sehr viel angenehmer auf andere Weise (Aushang, Rundbrief oder -mail, Intranet-Information usw.) verteilt werden.
  2. Für Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse kann es sinnvoll und notwendig sein, dass die betroffenen Personen sich in einem Raum versammeln.
    Sie sind umso effektiver, je besser sie vorher informiert sind:
    > Was ist das Thema?
    > Was soll erreicht werden? – Was ist das Ziel? (Meinungsbildung oder Entscheidung?)
    > Welche Vorinformationen sind bereits vorhanden (Geschichte der Frage, frühere Entscheide, Vor-Entscheidungen der Leitung, Modelle?)
  3. Auch methodische Gedanken sind für die Konferenzvorbereitung sinnvoll:
    > Mit welchem Verfahren soll das Ziel erreicht werden?
    > In welcher Zeit?
    > Mit welcher Moderation? (Sehr entlastend und klärend ist, wenn die Moderation von den inhaltlichen Interessen getrennt handeln kann.)
    > Wie können die Konferenz-Teilnehmer/innen einbezogen werden?
    (Z. B. in die Vorbereitung, durch Sammlung und Gewichtung der Punkte, …)
    > Welche Punkte sind sinnvoll für den Anfang, welche für später?
  4. Schließlich ist darauf zu achten, dass Ergebnisse entstehen und diese auch (in einem Ergebnis-Protokoll) festgehalten werden.

Für Ihre effektive Konferenz-Gestaltung schlage ich Ihnen hier zwei vorbereitete Formen vor und biete diese zum kostenlosen herunterladen (download) an:

Wenn Sie als Klassen-Lehrer/in mit Ihren Konferenzen und oder Elternabenden Unterstützungsbedarf haben sollten, könnten Sie sich in einer kollegialen Beratung oder in einer Gruppensupervision unterstützen lassen.

zuletzt überarbeitet: 24. März 2011                    zur druckerfreundlichen Ansicht zur druckerfreundlichen Ansicht